5. Sperati's legacy

WOLFGANG MAASSEN, AIJP

Vom angegriffenen Gesundheitszustand Jean de Speratis war schon die Rede. Sein Augenlicht verschlechterte sich – er war nun 68 Jahre – zunehmend mehr, so dass er nur noch sehr eingeschränkt arbeiten konnte. Wohl auch unter dem Eindruck der verlorenen Prozesse beschloss er, sein Lager zu verkaufen und streckte diesbezüglich in verschiedenen Ländern seine Fühler aus. Ein amerikanischer Händler vermittelte einen Kontakt zur BPA, deren nunmehriger Vorsitzender, Robson Lowe, ein weltweit anerkannter namhafter Postgeschichtler, Philatelist und Experte, nachhaltig dafür eintrat, dem Treiben Jean de Speratis endgültig durch Aufkauf all seiner Bestände und einer Verpflichtungserklärung, künftig nicht mehr weiter zu fälschen, ein Ende zu setzen.


Diese Auffassung war in der BPA nicht unumstritten. Es war erneut Stanley Philipps, der immer noch dem Vorstand angehörte, der seine bereits 1932 geäußerten Gründe dagegen ins Feld führte. Aber er wurde überstimmt, woraufhin Philipps aus dem Vorstand austrat und mit seiner Firma Stanley Gibbons sogar die British Philatelic Associaton verließ.

Zu einem nicht genau bekannten Preis wurden sich beide Seiten handelseinig. Der Preis soll zwischen fünfzehn bis vierzigtausend US-Dollar betragen haben, was der Phantasie freien Lauf lässt. Es war auf jeden Fall zu dieser Zeit ein Vermögen, was Jean de Sperati und seine Familie auch in die Lage versetzte, künftig für Jahre sorgenfrei zu leben.


Robson Lowe dokumentierte die Arbeit von Jean de Sperati in zwei Bänden. Bildvorlage: WM-Archiv
Robson Lowe dokumentierte die Arbeit von Jean de Sperati in zwei Bänden. Bildvorlage: WM-Archiv


Plate 47 aus dem Buch von Robson Lowe, 1955. Bildvorlage: WM-Archiv
"Plate 47" aus dem Buch von Robson Lowe, 1955. Bildvorlage: WM-Archiv


Die BPA ging das Vorhaben sorgfältig an. Jean de Sperati musste sich verpflichten, alles Material, seine Druckwerkzeuge und Maschinen, sein Archiv, all seine Materialien und Fälschungen, der BPA zu übereignen. Außerdem sollte er sein Geheimwissen (nur er kannte die technischen Produktionsvorgänge, mit deren Hilfe es ihm gelungen war, so täuschend echte Imitate herzustellen) in einem genauen Handbuch niederschreiben, was de Sperati auch voller Stolz machte. Im Gegenzug verpflichtete sich die BPA – abgesehen von der Geldzahlung – zu einer Publikation seiner Fälschungen, seiner Geschichte (so entstand das bekannte Werk durch Robson Lowe: „The Work of Jean de Sperati“ 1955) und zu einer vom 27. April bis 5. Mai 1954 in London ausgerichteten Ausstellung, die sein Lebenswerk würdigen sollte. Zur Ausstellung erschien ein spezieller Ausstellungskatalog, außerdem das zuvor erwähnte Buch in zwei Teilen (Textteil und Abbildungsteil).


Ausstellungskatalog einer speziellen „Jean de Sperati“-Vergleichssammlung 1954. Bildvorlage: WM-Archiv
Ausstellungskatalog einer speziellen „Jean de Sperati“-Vergleichssammlung 1954. Bildvorlage: WM-Archiv


Jean de Speratis zweites Buch, „The Complete Technique of the Art of Philately“ wurde damals nicht mit veröffentlicht; wohl gab es eine Handvoll duplizierter Exemplare, die als „Geheimwissenschaft“ behandelt wurden. Alle Sperati-Fälschungen wurden rückseitig mit „Sperati reproduction“ markiert und für die Mitglieder der Royal Philatelic Society London gab es Alben mit 150 in schwarz-weiß gehaltenen Seiten, in denen seine Kunstwerke verewigt waren.


2001 veröffentlichten Lowe/Walske zahlreiche neu entdeckte Arbeiten von Jean de Sperati. Foto: Wolfgang Maassen
2001 veröffentlichten Lowe/Walske zahlreiche neu entdeckte Arbeiten von Jean de Sperati. Foto: Wolfgang Maassen



Robson Lowe konnte aus dem Aktenarchiv Jean de Speratis einen Eindruck von dessen Geschäftsumfang gewinnen, der deutlich macht, welche Größenordnungen de Speratis Arbeit über all die Jahre angenommen hatte. Insgesamt hatte er – so sein Kenntnisstand – über 390 verschiedene Marken gefälscht, außerdem komplette Briefe etc., so dass 560 „Einzelexponate“ zu verzeichnen waren. Von diesen wurden insgesamt fast 70.000 Replikate gefertigt!


2001 veröffentlichten Lowe/Walske zahlreiche neu entdeckte Arbeiten von Jean de Sperati. Foto: Wolfgang Maassen
2001 veröffentlichten Lowe/Walske zahlreiche neu entdeckte Arbeiten von Jean de Sperati. Foto: Wolfgang Maassen



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